Ein Ende der Sprachlosigkeit - Koalitionsvertrag setzt wichtige Impulse

27.02.2018

Innerhalb von nur einer Woche haben wir gemeinsam mit der Union einen Koalitionsvertrag vereinbart, der eine klare sozialdemokratische Handschrift trägt. In der Europa-, Außen-, Arbeits- und Bildungspolitik konnten wir uns in wesentlichen Punkten durchsetzen.

Doch der Kompromiss ist eben genauso Teil der Demokratie wie der Diskurs. Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes oder der Einstieg in die Bürgerversicherung waren mit der Union leider nicht zu machen. Das Scheitern der Jamaika-Verhandlungen zeigt: Die FDP war nicht bereit, Kompromisse zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger einzugehen. Dabei zeigt sich in meinen Gesprächen mit zahlreichen Partnern aus dem Ausland, dass wir uns in stürmischen Zeiten befinden und die Welt auf Antworten aus Deutschland wartet. Das hat die Münchner Sicherheitskonferenz unterstrichen.

Besonders in der Außenpolitik scheinen grundlegende Prinzipien der internationalen Zusammenarbeit zu erodieren. Die USA stehen zunehmend als verlässlicher Partner in Frage, China vergrößert seinen Einfluss in der Welt und die Türkei und Russland lassen in Krisenregionen ihre Muskeln spielen. Unsere Antwort darauf kann nur im Rahmen einer gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik erfolgen. Wir müssen gemeinsame Ressourcen bündeln und als eigenständiger Akteur auf der Weltbühne auftreten. Hier setzt der Koalitionsvertrag wichtige Impulse.

Im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik wollen wir zivile und militärische Strukturen der Mitgliedstaaten integrieren und stärker zusammenarbeiten (PESCO)[1] .

Dabei muss Diplomatie und Entwicklungszusammenarbeit genauso gestärkt werden wie das Militär. Wir haben erreicht, dass zusätzliche Haushaltsmittel künftig im Verhältnis 1:1 für Verteidigung und humanitäre Hilfe/Krisenprävention verwendet werden. Das ist ein klares Bekenntnis zum Ansatz der vernetzten Sicherheit.

Ausgaben von 2% des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung wird es mit der SPD nicht geben. Genauso wenig wie ein neues Wettrüsten. Wir setzen uns auch weiter für die weltweite Abrüstung von Massenvernichtungswaffen ein und verschärfen unsere eigenen Rüstungsexportrichtlinien. So wird es zukünftig keine Ausfuhren mehr an Länder geben, die unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind und Kleinwaffenexporte an Drittländer sollen nicht mehr genehmigt werden.  

Insbesondere mit dem Finanzministerium, dem Auswärtigen Amt und dem Ministerium für Arbeit und Soziales erhält die SPD wichtige Ressorts. Damit können wir auf europäischer Ebene wichtige Weichen stellen und die Sprachlosigkeit gegenüber dem französischen Präsidenten und dessen Reformvorschlägen beenden.

„Ein neuer Aufbruch für Europa“ heißt für uns, die EU und die Währungsunion nachhaltig zu reformieren. Wir wollen das europäische Parlament strukturell und finanziell stärken, den Kampf gegen Steuerbetrug intensivieren und Mindestsätze bei den Unternehmenssteuern festlegen. Ein Sozialpakt soll Grundrechte stärken und sicherstellen, dass das Motto „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ europaweit gilt.

Auch in der Innenpolitik zeigt sich die sozialdemokratische Handschrift: Natürlich ist Deutschland ein wirtschaftlich starkes und innovatives Land. Doch der Schlüssel zu gesellschaftlichem Zusammenhalt ist Gerechtigkeit: Soziale Gerechtigkeit. Lohngerechtigkeit. Rentengerechtigkeit. Bildungsgerechtigkeit.

Wir wollen kleine und mittlere Einkommen spürbar entlasten und Familien stärken. Die Wiederherstellung der Parität in der Krankenversicherung, die Entlastung bei Sozialversicherungsabgaben und die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrags sind hier nur einige der beschlossenen Instrumente. Die Süddeutsche Zeitung und die Frankfurter Allgemeine Zeitung haben nachgerechnet, dass das mehr sind als Peanuts!

Wir schaffen einen öffentlich geförderten Arbeitsmarkt, ein Rechtsanspruch auf befristete Teilzeit und eine Nationale Weiterbildungsstrategie und helfen damit besonders Familien, Frauen und Langzeitarbeitslosen. Die sachgrundlose Befristung wird gegen den ausdrücklichen Willen der Union deutlich eingeschränkt.

Wir wollen Altersmut bekämpfen und stabilisieren das Rentenniveau bis 2025 bei 48%. Eine Erhöhung der Beiträge wird es nicht geben. Die vereinbarte Grundrente und die Erwerbsminderungsrente kommen vor allem einkommensschwachen Rentnern zu Gute.

Ein wirkliches „Leuchtturmprojekt“ ist das Bildungskapitel. Die Aufhebung des Kooperationsverbots ermöglicht es dem Bund gezielt in Bildung zu investieren. Unsere Ziele sind der Ausbau der Kindergarten- und Ganztagesbetreuung, der Einstieg in die gebührenfreie Bildung und ein Digitalpakt. Mit der Erhöhung des Bafögs sowie der Einführung einer Mindestausbildungsvergütung entlasten wir junge Menschen. Nach Angaben des DGB[2] könnten mehr als 160.000 Auszubildende von dieser Mindestausbildungsvergütung profitieren.

Schon immer ist die SPD eine Partei gewesen, die Politik nicht nur formulieren, sondern auch umsetzen wollte. Nie haben wir uns hier vor unserer Verantwortung gedrückt. Und eines muss jedem bewusst sein: Ohne unsere Beteiligung an der Regierung wird es viele der Projekte nicht geben. Die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag sprechen hier eine klare Sprache. Denn aktuell haben Union, FDP und AfD die Mehrheit im Parlament.

Hier können Sie den Koalitionsvertrag in der Kompaktübersicht[3] einsehen.

Links:

  1. http://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2017/12/11/defence-cooperation-pesco-25-member-states-participating/
  2. http://www.dgb.de/themen/++co++8aa28bba-0d8b-11e8-92be-52540088cada
  3. https://www.spdfraktion.de/koalitionsvertrag